Hinterfragt: Gottes Mühlen mahlen langsam

Wasser auf die Zwickmühlen

Gottes Mühlen mahlen langsam, und wer in Gottes Mühlen gerät, sitzt in der Zwickmühle. Hätte die Kirche recht mit ihrer ewigen Verdammnis, säßen die Bestrafungswürdigen sogar in der ewigen Mühle eines liebenden Gottes. Es sitzen aber nur diejenigen Theologen in ihrer eigenen Zwickmühle, die einem Gott der Liebe eine ewige Verdammnis zuschreiben. Mit diesem offensichtlichen Widerspruch kämpfen sie gegen Windmühlen und gießen Wasser auf die Mühlen ihrer Kritiker.

Dieser Widerspruch wird jedem dieser Theologen bewusst, alle Seelen lernen das. Sie lernen es nicht in den Mühlen eines Rachegottes, sie lernen es in ihren Seelenmühlen (darüber später im Text). Außerhalb dieser Mühlen stehen keine Menschen, auch die Männer Gottes nicht.

Doch wollen wir nicht Gottes Worte hinterfragen, sondern die des Menschen.

Die menschlichen Mühlen Gottes

Der Ursprung dieser Redensart wird Plutarch oder Sextus Empiricus zugeschrieben, zwei Griechen, die im ersten respektive im zweiten Jahrhundert n. Chr. lebten. Bei Sextus Empiricus, einem Arzt und Philosophen, heißt es: »Erst lange Zeit nachher mahlen der Götter Mühlen, doch mahlen sie Feines.« a)

Im Deutschen entstammt diese Redewendung dem Gedicht »Göttliche Rache« Friedrichs von Logau (17. Jh.). b) Der Titel deutet auf die Rache hin, auf Vergeltung und Strafe. Und wenn diese Rache von Gott sanktioniert wird, muss sie gerecht sein.

Auch in der Bibel sind es nicht Gottes Mühlen, sondern Mühlen der menschlichen Strafe und Rache: »Da ergriffen ihn die Philister und stachen ihm die Augen aus, führten ihn hinab nach Gaza und legten ihn in Ketten; und er musste die Mühle drehen im Gefängnis.« c)

Die menschlichen Hoffnungen

Es liegen Hoffnungen in dem Spruch. Eine Hoffnung auf die gerechte Bestrafung eines Übeltäters, die er früher oder später doch unausweichlich bekommt.

Eine andere Hoffnung ist, dass es Gott schon richten wird, was andere verursachen. Eltern dürfen aber nicht hoffen, dass ihre Kinder allein durch Gottes Strafe lernen. In einer Gemeinschaft darf sich kein Mitglied der Untätigkeit hingeben, da Gott für Recht und Ordnung sorgen würde.

Es kann eine trügerische Hoffnung sein, es würde schon der Tag kommen, an dem es einem selbst besser geht, an dem die anderen bestraft werden. An dem man selbst belohnt wird für die erbrachte Geduld und das erfahrene Leid. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, sagte mit Fug und Recht nicht nur meine Oma.

Mit solchen Hoffnungen belegte Mühlen, sind keine Mühlen Gottes. Sie sind allein Menschenmühlen, die zur Untätigkeit und einer nicht gottgewollten Gottergebenheit führen.

Ist jemand Gerechtigkeit wichtig, so muss er selbst dazu beitragen, nicht es Gott allein überlassen. Vorausgesetzt, es ist eine ethische Gerechtigkeit, sonst treibt er seine Seelenmühlen an. Es treibt ebenfalls seine Seelenmühlen an, wer Gottes Mühlen für seine Nächsten einfordert.

Gottes Mühlen versus Seelenmühlen

Rache ist keine Liebe und keine Agape, die göttliche Form der Liebe [1]. Rache ist ein menschliches Konzept. Gelte noch das Alte Testament mit seinem Auge um Auge und Zahn um Zahn, müsste die Menschheit blind und zahnlos sein. Oder ausgestorben.

Die langsamen Mühlen Gottes haben ihre guten Seiten; es müssen in ihnen nur die Folgen menschlichen Tuns erkannt werden. Gottes Mühlen bleiben sie oder die Mühlen des unbegreiflichen Göttlichen, welches jedem Menschen innewohnt, in welchem jeder Mensch existiert.

So betrachtet sind sie Mühlen Gottes und Seelenmühlen zugleich. So betrachtet, mahlen sie langsam und trefflich. Sie sorgen für Gerechtigkeit. Sie sorgen für eine Einsicht und somit für das Lernen und Reifen.

Und assoziiert jemand Mühlen mit Gott, sollte er der guten Mühlen bedenken, die das Mehl für das tägliche Brot mahlen.

Langsam

Gott muss nicht mehr bestrafen, die Seele sorgt für einen Ausgleich. Der Ausgleich ist schmerzhaft, er ist Leid, solange die Einsicht fehlt. Die Seelenmühle kann langsam mahlen, da die Seele über ausreichend Zeit verfügt. Auch über mehrere Leben, wenn ihr Mensch beharrlich in Gottes Mühlen ein Racheinstrumentarium sehen will.

Seelenmühlen bestrafen und zerstören nicht, denn Zermahlen oder Zermalmen ist eine endgültige Zerstörung. Diese gäbe es nur in einer ewigen Verdammnis eines Rachegottes, Gottes Mühlen würden dann nicht langsam mahlen, sondern unendlich.

Trefflich

Trefflich mahlen die Seelenmühlen, da sie nicht zermalmen. Sie beenden das Mahlen, sobald die Seele und ihr Mensch einsichtig geworden sind und gelernt haben. Frei von Seelenmühlen ist der Mensch nicht. Das Lernen geht dann weiter, die Seele wendet sich dem nächsten Lernen zu. Das nächste Lernen muss nicht durch Leid erfolgen. Mit jedem absolvierten Lernen verlagert sich das Lernmittel der Seelen vom Leid zur Liebe hin.

Trefflich mahlen die Seelenmühlen, da sie keine Last aufbürden, die ihren Menschen zerstört. Zeitgemäß ausgedrückt, hebt die Seele ins Bewusstsein nur das Wissen und die Schattenseiten herauf, die ihr Mensch verarbeiten kann. Wozu er noch nicht fähig ist, bleibt im Unbewussten verborgen.

Die Mühlen eines Rachegottes zermalmen.

Seelenmühlen mahlen immer, immer mit richtiger Geschwindigkeit, immer zur richtigen Zeit, immer trefflich.


a) Duden; Das große Buch der Zitate und Redewendungen
b) ebenda
c) Buch der Richter, 16,21


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