Auftragskiller

Ich musste eine Buchsendung in einer DHL-Filiale abholen. Ich zeige versehentlich meinen Führerschein, der auf den Namen Schneider lautet. Die Dame am Schalter weigert sich korrekterweise, mir die Sendung auszuhändigen, da auf dem Päckchen Norman steht. Ich sage, der Name Norman stehe auf der Rückseite. Sie dreht den Ausweis um.

»Nein, das kann ich Ihnen nicht geben, da ist kein Norman.«

So bitte ich um den Ausweis, damit ich es zeigen kann. Kann ich selbst nicht, da ich jetzt merke, es ist mein Führerschein. Ich reiche ihr also den Personalausweis.

»Schauen Sie bitte auf der Rückseite nach«, sage ich vorsichtshalber.

Das mag sie offenbar nicht, denn sie betrachtet nur die Vorderseite.

»Das ist aber wieder der Schneider und kein Norman.«

»Ja, auf der Rückseite, drehen sie den Ausweis bitte mal um.« Vielleicht mit einem minimal gereizten Ton, da ich doch zwei Mal von der Rückseite sprach.

Also bitte ich erneut um den Ausweis, damit ich den Norman zeigen kann. Jetzt entdeckt sie den Norman. Dennoch müsse sie noch den Chef fragen. Der Chef kommt, begutachtet die Vorder- und die Rückseite des Ausweises. Dann meint er: »Aha, so hat er das geschrieben.«

Ich bin perplex. Als ob man, gerade in Deutschland, einfach so etwas auf dem Personalausweis hätte schreiben können.

»Nein, das ist der Ordens- oder Künstlername. Der wird auf der Rückseite vermerkt«, kläre ich die beiden auf. Offensichtlich sahen sie noch keinen solchen Ausweis.

Nach den Jahrzehnten des Zusammenlebens mit mir kenne ich mich ein wenig. Hätte mich der Chef nach der Art des Künstlers gefragt, hätte ich womöglich »Scharfschütze und Auftragskiller« geantwortet, da ich dies bereits in meinem Kopf hörte.

Doch dem Kopf sei Dank, erinnerte ich mich an die Folgen einer anderen Antwort, die da völlig unschuldig »Ja, Apfelsaft« lautete. Darüber aber weiter unten.

Als ich Moni von meinem DHL-Besuch erzähle, ist sie sichtlich erleichtert, dass ich diesen Satz für mich behalten habe.

»Am Ende hätte der Chef noch die Polizei gerufen. Nicht jeder versteht Humor. Was hättest du dann gemacht?«

»Der Polizei das vom selbst geschriebenen Ausweis erzählt. Hätten wir etwas zum Lachen.«

»So wie bei deinem Apfelsaft?« *)

»Ups!«

Vielleicht trugen diese Vorkommnisse zu dem Aphorismus mit bei: Das ausgesprochene Wort gleicht dem abgeschossenen Pfeil. Nie kehrt es zurück, immer wirkt es.

Eine Frage bleibt offen. Ist nicht ein Auftragskiller gleichzeitig ein Scharfschütze? Das mindert eindeutig das Berufsrisiko. Dann wäre »Scharfschütze und Auftragskiller« eine Redundanz.

*) Apfelsaft-Wahrheit und Polizei

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