Apfelsaft-Wahrheit und Polizei

Der Apfelsaft-Vorfall ist einige Jahre her. Ich lernte erst durch solche Vorkommnisse, dass Wahrheit nicht immer gut ankommt. Aber der Reihe nach.

Eine Polizeikontrolle. Die Kelle schwingt, ich muss stehen bleiben. Das tue ich, drehe die Autoscheibe herunter (das begab sich noch in diesen uralten Zeiten.)

»Haben Sie etwas getrunken?«

»Ja, Apfelsaft«, sage ich wahrheitsgemäß.

Der Polizist verliert seine freundlichen Gesichtszüge, winkt seinen Kollegen hinzu.

»Führerschein, Ausweis und Autopapiere. Und steigen Sie aus, machen die den Kofferraum auf.«

Ich verstehe die Welt nicht. Seit wann reichen Apfelsaft und Wahrheit zum Anfangsverdacht einer Straftat aus? Ich tue jedoch, wie befohlen.

Der Kofferraum wird inspiziert. Selbstverständlich verberge ich meine Auftragskillerausrüstung *) nicht im Kofferraum. Also nichts gefunden.

Das reicht den Herren Polizisten nicht. Ich muss noch ins Röhrchen pusten. Ich mache es falsch, ich versuche es aus voller Lunge. Ich werde aufgeklärt, mache es nun korrekt. Natürlich kein Alkohol.

»Der Apfelsaft war noch nicht vergoren«, höre ich in meinem Kopf. Diesmal beherrsche ich mich jedoch und behalte den Satz für mich. Diese beiden Polizisten haben eindeutig zu wenig Humor.

Als ich Moni zum ersten Mal davon erzählte, wurde ich nach den Worten »Ja, Apfelsaft« jäh unterbrochen.

»Du wolltest die doch veräppeln.«

»Nein! Ich sagte die Wahrheit.«

»Komm, du weißt doch genau, dass sie wissen wollten, ob du Alkohol getrunken hast.«

»Dann hätte er mich eindeutiger fragen müssen.«

»Jan. Wenn ein Polizist bei einer Kontrolle fragt, ob du getrunken hast, dann meint er sicher den Alkohol, nicht irgendwelche Fruchtsäfte oder Smoothies. Oder deinen Kefir.«

Kefir trinke ich gerne. Er beinhaltet aber etwas Alkohol, da es vergorene Milch ist. So sagte ich: »Beim Kefir hätte ich auch Kefir gesagt und die Polizisten aufgeklärt, dass Kefir jedoch maximal 2 Prozent Alkohol enthält – wenn er alt ist. Sonst unter einem Prozent.«

»Das wäre noch schlimmer als dein Apfelsaft«, war Moni überzeugt.

Die Wahrheit kann offensichtlich gefährlich sein. Aber deswegen lügen …

*

Das ist ein Thema, bei dem wir uns nicht einigen können (wollen).

Heute versuche ich, dies mit meinem Asperger zu erklären, der gerne die Sprache wörtlich nimmt und nur schlecht lügen kann. Das lässt Moni jedoch nicht gelten.

»Dein Asperger in Ehren, aber ich kenne dich gut genug. Geh in dich hinein, dann musst du doch zugeben, dass du sie veräppeln wolltest. Die Polizei hat dich nicht zu kontrollieren, dachtest du vielleicht und warst deswegen grantig.«

Was soll ich dazu sagen? Bewusst wollte ich das nicht. Glaube ich. Aber vorbewusst, so tiefer drinnen in mir?

Dennoch will ich Moni nicht zustimmen. Denn wenn ich weiterhin auf unschuldig bei dem Vorfall plädiere, finde ich ihn amüsanter.

*) Auftragskiller

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