Die Seele und besondere Menschen; Behinderung, Talente

Es gibt Menschen, die besondere Lebenswege gehen, man könnte auch sagen, durch besondere Schicksale gekennzeichnet sind, wobei mit dem Schicksal keine blinde Macht gemeint ist, die einem Würfelspieler gleich, das Schicksal des Einzelnen bestimmten würde. Vom Respekt und von der Achtung diesen besonderen Menschen und besonderen Lebenswegen gegenüber handelt dieser Beitrag, da es dies ist, was in diesen Lebenswegen bei einer bestimmten Sichtweise entdeckt werden kann.

Die Seelen dieser besonderen Menschen und ihre besonderen Lebenswege weisen Berührungspunkte zu vielen anderen Beiträgen auf, insbesondere zu den Reihen »Spiritualität – ihre und unsere Wurzeln« sowie »Denn jedem Menschen wohnt eine Seele inne« da sie das Bewusstsein für die Seele in ausnahmslos jedem Menschen betreffen, mag uns das noch so schwer und unbegreiflich bei Menschen fallen, die sich durch besondere Grausamkeiten auszeichnen. Und die Reihe »Seelenpartner« ist betroffen, wie weiter unten dargelegt.

Es sind heikle Themen, die leicht zu Widersprüchen führen oder zu Vorwürfen sogar. Es sind meine eigenen Sichtweisen aufgrund meiner Lebenserfahrungen vielleicht nicht nur dieses Lebens. Ich bin gerne bereit, auf eventuelle Einwände und Kritik einzugehen.

Menschen mit Behinderung – Behinderte – die Seele

Zwischen Menschen mit Behinderung und Behinderten gibt es einen wesentlichen Unterschied. Das Wort »Behinderter« reduziert einen Menschen auf die Behinderung oder macht zumindest diese Behinderung zum Hauptmerkmal dieses Menschen. Der Mensch spielt hier eine untergeordnete Rolle, die Behinderung steht im Vordergrund. Sprachlich betrachtet ist sie sogar das einzige Merkmal dieses Menschen.

Der Begriff »Menschen mit Behinderung« beachtet zunächst den Menschen und erst dann den Umstand, den wir als Behinderung bezeichnen. Ich habe es so vorsichtig formuliert, denn bei einem spirituellen Zugang zu diesem Thema große Vorsicht geboten ist, wenn in einem Lebensumstand nur die Behinderung gesehen wird, und die Dinge hinter den Dingen nicht beachtet werden.

Nimmt ein Mensch für sich in Anspruch, spirituell zu sein, so ist es für ihn mit der sprachlichen Differenzierung allein nicht getan. Jeder Mensch hat eine Seele oder ist eine Seele, die Inkarnation für Inkarnation die für ihre Pläne zweckdienlichen – optimalen? – Umstände wählt, wozu beispielsweise der Körper, die Eltern oder die Kultur gehören.

Weitere Fragen harren noch einer Betrachtung, die jeder für sich selbst angehen kann: Wo manifestiert sich diese Behinderung? Nur im Körper? Im Geist des Menschen? Was ist der Geist, worin besteht der Unterschied zur Seele? Warum solches Schicksal, gibt es Gründe, gibt es einen Sinn?

Es wäre schon nachvollziehbar, wenn ein leiser Verdacht aufkäme, ob denn die Seele wirklich noch bei Trost sei, solches Schicksal zu wählen.

Schicksal, Lebenswege, Schuld, Verantwortung

Schicksal wird meist in einem fatalistischen Sinne benutzt. Der Mensch habe keinen Einfluss darauf. Er werde von unbekannten Mächten bestimmt oder, was noch dramatischer ist, von einem Gott oder von Göttern. Er sei seinem Schicksal seltener auf Gedeih und meistens auf Verderb ausgeliefert.

Geben wir uns einem völlig grund- und sinnfreien Schicksal hin, offenbart sich seine größte Gefahr: Da der Mensch keinerlei Einfluss auf das Schicksal ausüben kann, kann auch von keinerlei Verantwortung gesprochen werden. Zugegeben, es fällt oft sogar sehr schwer, von einer Verantwortung bei manchen Schicksalen zu sprechen und sehr schnell sieht man sich Vorwürfen ausgesetzt. Daher einige Anmerkungen dazu.

Verantwortung darf nicht mit Schuld gleichgesetzt werden. Mit dem Konzept einer Schuld sollten wir ohnehin extrem vorsichtig umgehen, und dieses Konzept verbirgt sich hinter Sätzen wie »Geschieht ihm recht so« oder »Das hat er verdient«. Verantwortung, wie ich sie hier meine, schließt die Möglichkeit eines Grundes ein, der sich vielleicht dem Verstand entzieht oder ihm zuwiderläuft, und dennoch auf der Seelenebene existiert.

Um diese fatalistische Konnotation zu vermeiden, was nicht aus sprachlichen Gründen erfolgt, sondern in oberen Überlegungen gründet, spreche ich lieber von besonderen Lebenswegen, anstatt vom Schicksal.

Warum wählt eine Seele solche Lebenswege?

Nicht, weil sie es verdient hat, weil es ihr so recht geschieht, oder weil es eine Strafe ist. Dieses Denken wollen wir begraben, es bestimmte allzu lang unser Leben der vergangenen vielen Jahrhunderte. Es dominierte unser Leben, da es durch Institutionen propagiert wurde, die im Namen der Liebe von Angst, Schrecken, Strafe und Verdammnis predigten. Doch nun ist es Zeit, dass wir uns davon befreien, und das, was wir Gott und Liebe nennen, in uns selbst finden.

Warum also diese Lebenswege der Seele? Weil sie lernen will? Will eine Seele erfahren, wie es ist, mit einer Behinderung zu leben, weil sie diesen Menschen in einer späteren Inkarnation Beistand leisten will? Will sie es erfahren, weil sie in einer früheren Inkarnation kein Verständnis für diese Menschen hatte?

Wählte sie diesen Lebensweg, weil sie ihrem Seelenpartner als die helfende Seele im Leben begegnen will, indem sie ihn mit besonderen Themen konfrontiert? Das kann der unbequeme oder vermeintlich böse Seelenpartner sein (s. »Gemeinsam Liebe lernen«). Das kann auch ein Seelenpartner sein, der Toleranz nicht lernen, sondern lehren will! Toleranz, Fürsorge vielleicht oder auch dieses Thema, welches in der Bibel mit dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten umschrieben wird.

Und wenn diese Seele nicht nur ihrem Seelenpartner diese Möglichkeit geben will, sondern allen Menschen, denen sie auf ihrem besonderen Lebensweg begegnet?

Die Talente und der Mensch

Das Gleichnis von den Talenten (Geld bei Matthäus 25) bereitete mir in meinen jungen Jahren immense Probleme, da ich die ungleiche Verteilung der Talente ungerecht fand. Heute sehe ich darin eine Ermahnung zu einer Betrachtung eines jeden Menschen, die unabhängig von seinen Fähigkeiten, Möglichkeiten etc. ist.

Entscheidend finde ich jedoch, dass kein Mensch weiß, welche Fähigkeiten in einem Menschen schlummern und welchem Lernen sich seine Seele verschrieben hat. Wir wissen nicht einmal, welche Talente in uns selbst schlummern, wir kennen nicht die Pläne unserer Seele und somit unseres Lebens.

Wenn ein Mensch das vollbringt, was im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt, hat er sein Lernen vollkommen bewältigt. Es ist nicht relevant, ob das die Aufsicht über den Bau einer Kathedrale ist, das Verfassen eines Gedichts, welches unzählige Menschen bewegt, oder das Meistern eines Lebens mit einer Behinderung.

Wenn ein Mensch mit einer Behinderung sich darüber freut, dass er ein Wort aufgeschrieben hat, zwei und zwei addieren konnte, begriffen hat, dass dem Winter ein Frühling folgt, seine Kleidung beim Essen nicht verschmutzt hat, sich selbst gewaschen hat …

Wenn dies sein Lernen ist, wenn dieses Lernen bewältigt wurde, so ist es eine ebenso vollkommene Leistung, wie die des Architekten oder des Poeten.

Das besagt das Gleichnis mit den Talenten. Beide Diener wurden gleich gelobt, obwohl der eine fünf und der andere zwei Talente dazuverdiente.

Kann bei einer Seele, die uns das lehren kann, von einer Schuld gesprochen werden? Achten wir auf unsere Worte. Im vergangenen Jahrhundert haben sie unbegreifliches Leid angerichtet. Wobei nicht die Worte waren es, sondern die Menschen, die sie führten. Doch Vorsicht wieder mit Verantwortung oder Schuldzuweisungen: Wo waren unsere Seelen damals?

Und wenn das Lehren der besonderen Menschen darin besteht, dass unsere Seele durch die nicht bewertende Offenheit und das Lächeln, beispielsweise eines Menschen mit einem Downsyndrom, berührt wird?

Wählte eine Seele diese Lebenswege, so war es wahrlich eine starke und weise Seele. Eine besondere Seele eines besonderen Menschen?

Zur Nachlese zu diesem Beitrag: Besondere Lebenswege, besondere Menschen …

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