Hinterfragt: Behinderung, Logik, Sprache

In dem Beitrag »Besondere Lebenswege, besondere Menschen und andere Meister des Lebens« [*] ist der Unterschied zwischen den Begriffen »Behinderte« und »Menschen mit Behinderung« relevant.

Wikipedia [*] liefert (Stand April 2018) einen bemerkenswerten Beitrag zu dem Sprachwandel. Eine Sprachwissenschaftlerin verstehe die Aufforderung in einem Pflegeheim nicht, von »Menschen mit Behinderung«, anstatt von »behinderten Menschen« reden zu müssen. »Ihr erschließe sich der linguistische Unterschied zwischen beiden Formulierungen nicht«.

Linguistisch ist das nachvollziehbar; beide Begriffe meinen einen Menschen, der mit einer Behinderung lebt. Der wesentliche Unterschied, worauf es wirklich ankommt, das bleibt dieser Logik verborgen. Oder deutlicher: Das bleibt diesem Menschen verborgen, denn ein Mensch spricht hier, keine abstrakte Logik oder Linguistik. Es gibt außerdem einiges, was am »normalen« Leben hindert, was dennoch nicht dazu führt, dass die betroffenen Menschen mit einer Behinderung assoziiert werden.

  • Ein Behinderter ist ein Mensch, dessen besonderes oder gar einziges Merkmal die Behinderung ist.
    Dieser Mensch wird auf die Behinderung reduziert.
  • Ein Mensch mit Behinderung ist ein Mensch, der mit etwas lebt, was die normalen als Behinderung definieren.
    Hier steht der Mensch im Vordergrund.

Da kommt mir ein böser Satz in den Sinn: Der Unterschied zwischen den Menschen mit Behinderung und denen ohne besteht manchmal darin, dass die Erstgenannten um ihre Behinderung wissen. *)


Passend zum Beitrag

*) Für juristisch Affine: Es handelt sich um keine Behauptung, es ist eine allgemeine, nicht personenbezogene Idee, allenfalls eine Mutmaßung.

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