Hinterfragt: Es gibt sie, die dummen Fragen – Halb voll oder halb leer?

Das Schweigephänomen

Manch Schreiber, Redner oder Verfechter der Political Correctness baut auf ein menschliches, allzumenschliches Phänomen: Der Empfänger schweigt, er hinterfragt und widerspricht nicht.

Der Wortführer wähnt sich in der wissenschaftlichen oder moralischen Richtigkeit seiner Meinung und ihrer Bejahung durch die Mehrheit einer Gesellschaftsgruppe. Wer auch nur hinterfragt, wird als ein amoralischer Menschen oder Extremist stigmatisiert.

Ausführlich beschäftige ich mich mit dem Phänomen und seinen Gründen in einem anderen Seelengeflüster. Hier eine leichtere Form dieses Phänomens – die richtigen Antworten.

Eine scheinbar intelligente Frage

Es gibt Fragen, die nur eine korrekte Antwort haben. Wer anders antwortet, outet sich als Amateur, Ignorant oder einfach Unwissender. Da der Mensch eine negative Attribuierung vermeiden will, fallen immer wieder die vorgegebenen Antworten.

Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten – heißt es. Und manche Fragen haben nur eine richtige Antwort – heißt es. Eine dieser Fragen: »Ist das Glas halb voll oder halb leer?«

Die vorgegebene korrekte Antwort lautet: »Halb voll«. Wer darin ein halb leeres Glas sieht, ist ein Pessimist, ein Unwissender oder beides. Die Welt wird von Optimisten bevölkert, die ihre Weisheiten aus halb vollen Gläsern schöpfen.

So schweigt oder echotet die Vorgabeantwort, wer ahnt, dass es andere Sichtweisen geben kann. Andere Sichtweisen kommen nicht an die Oberfläche, Meinungen werden gleichgeschaltet.

So schweigt oder echotet die Vorgabeantwort, wer sich in einem emotionalen Tief befindet. Die wahren Emotionen werden unterdrückt, die Depressionen haben ein leichteres Spiel.

All das sind Folgen einer scheinbar intelligenten Frage mit einer scheinbar richtigen Antwort.

Eine dumme Frage

Die Frage nach dem halb vollen oder halb leeren Glas ist äußerst dumm. Logisch mag sie sein, sie verkennt jedoch, dass der Mensch kein logisches Wesen ist. Wäre es so, hätten wir schon längst logische Algorithmen für alle Fragen des Lebens, Fehlentscheidungen wären eine Mär. Der Mensch wäre kein Mensch, sondern ein Computer mit biologischen Bausteinen.

Ist es bei einem zu 50% mit Gift gefüllten Glas relevant, ob es halb voll oder halb leer ist? Wer daraus trinkt, kann schnell halb tot sein. Dann doch lieber halb dumm in den Augen der Vorgabe-Optimisten, dafür aber gesund.

Allein dieses Beispiel verdeutlicht die Einfältigkeit der Frage. Es kommt nicht auf den Füllzustand an; das Füllmaterial ist entscheidend.

Das halb volle oder halb leere Glas ist nur ein Beispiel der Fragen mit vorgegebenen richtigen Antworten. Wer solche Fragen stellt und die vorgegebenen Antworten erwartet, der manipuliert, über einen Zwang aus. Er entfernt den Menschen von sich selbst, von seiner eigenen Wahrheit.

Die korrekte Frage

Die korrekte Frage betrifft den Inhalt des Glases: Ist der Inhalt nützlich oder schadet er?

Ich ziehe ein halb leeres Glas mit einem guten Wasser einem halb vollen Glas mit einer stinkigen Brühe vor. Wer kopfgesteuert oder mehrheitskonform anderes bevorzugt: Wohl bekomms!

Zwei Gedanken zum Abschluss:

  • Halb voll dämpft den Arbeitseifer, es ist ja schon so viel getan.
    Halb leer spornt an, da noch nicht genug getan worden ist.
  • In welches Glas, respektive in welche Tasse, kann Wissen hinzugefügt werden?
    Die Antwort kennt nicht nur das Zen.

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