Mythologie und Modernes am Himmel

»Wie unten, so oben« offenbart sich jedem, der die Namen der Stern, Sternbilder und anderer Objekte auf dem Nachthimmel betrachtet. Nicht nur unsere Vorfahren haben sich mit ihrer namensgeberischen Kreativität auf dem Nachthimmel verewigt und bringen ein Zeugnis ihrer Zeit und ihres Denkens.

Die himmlischen Namen – Wie unten so oben

Der Sternenhimmel ist voll von Namen und Geschichten. Die Sonne, der Mond und die Planeten liefern die ersten Beispiele. Daneben finden sich dort 88 offizielle Sternbilder, die alle einen Eigennamen haben; weitere inoffizielle Sternkonstellationen wie z. B. die Plejaden oder Hyaden kommen hinzu.

Die meisten Sternbilder des nördlichen Himmels haben ihren Ursprung in der griechischen Mythologie, manche Wurzeln reichen bis zu den Babyloniern und Sumerern. Wenn manchmal von 89 Sternbildern die Rede ist, so handelt es sich um das Sternbild Schlange, welches aus zwei Teilen, dem Kopf der Schlange und dem Schwanz der Schlange besteht. Die Sternbilder haben internationale Namen, die dem lateinischen entstammen; die beiden Schlangen nennen sich Serpens Caput und Serpens Cauda.

Die Namen am Südhimmel kreierten die Seefahrer und die Wissenschaftler der vergangenen Jahrhunderte – eher weniger fantasievoll. Kreuz des Südens oder Phönix klingen recht schön. Segel, Schiffskiel, Achterschiff oder Achterdeck, Fliegender Fisch, Schwertfisch lassen unschwer die Patenschaft der Seefahrer erkennen. Bei Namen wie Teleskop, Zirkel, Mikroskop, Winkelmaß, Oktant beteiligten sich die Seefahrer und die Wissenschaftler oder die seefahrenden Wissenschaftler? Aber Luftpumpe oder Grabstichel?! Es sind wahre Paradiesvögel im Vergleich zum Nordhimmel. Apropos Paradiesvogel: Auch das ist ein offizielles Sternbild des Südhimmels.

Die helleren Sterne steuern mehrere Hundert weitere Namen bei, in der offiziellen Liste der Sternennamen der IAU (Internationale Astronomische Union) sind es 313. Die meistes sind arabischen Ursprungs. Auch die Babylonier haben sich hier verewigt, ebenso die Griechen oder die Römer. Der Mensch der Gegenwart betätigt sich ebenfalls bei der offiziellen Namensgebung. Beispiele sind Barnards Pfeilstern, der Stern mit der schnellsten scheinbaren Bewegung am Himmel, also pfeilschnell, oder der Kohlenstern, da er rot wie ein glühendes Kohlestückchen leuchtet.

Himmlischer Tintenflecktest

Die leuchtenden und die Dunkelnabel des Himmels liefern die meisten Namen und es werden immer mehr. Die Namensgebung dieser Objekte orientiert sich meist an ihrer Form. Es ist ein himmlischer Rorschachtest respektive Tintenkleckstest.

Da gibt es einen Nordamerika-, Ring-, Eskimo-, Schmetterlings-, Tarantel- oder Eulennebel. Ein Nebel heißt Jupiters Geist, da er an den Planeten Jupiter erinnert. Und woran erinnert die Sombrerogalaxie?

Einer der bekanntesten Nebel, der Orionnebel, verdankt seinen Namen dem Sternbild, in dem er zu finden ist. Also lässt er keine psychologischen Rückschlüsse auf die Namensgeber zu.

Die Milchstraße

Die Milchstraße ist der Teil unserer Galaxis, den wir von der Erde aus sehen können. Wir leben in der Peripherie der Milchstraße, da sich unser Sonnensystem nicht in der Zentralregion befindet, was sehr gut ist, denn dort wäre das Leben, wie wir es kennen, nicht möglich. Wollen wir die galaktische City erblicken, müssen wir das sommerliche Sternbild Schütze betrachten. Das Milchstraßenzentrum bleibt jedoch den Augen verborgen, da es hinter unvorstellbar großen Staubwolken verborgen ist, in und aus denen neue Sterne entstehen. Dennoch ist es erhaben, in einer sternklaren Sommernacht – dunkel, still, nur das sanfte Rauschen der Blätter im Wind – zum Sternbild Schütze zu blicken und zu wissen, dass sich dort die Mitte unserer kosmischen Heimat befindet.

Die Milchstraße erhielt ihren Namen durch die alten Griechen. Zeus, trotz vieler Aufgaben offenbar beruflich nicht ausgelastet, ging eifrig seinen Leidenschaften nach, in deren Mittelpunkt oft Götter- und Menschenkinder weiblichen Geschlechts standen. Schürzenjäger, Fremdgeher, untreuer Gatte wäre auch passend. Natürlich hatte das Folgen, die nicht immer vor den Augen seiner Gattin Hera verheimlicht werden konnten.

Die Folge seiner Eskapade mit der Königstochter Alkmene trägt den Namen Herakles. Immerhin war der leichtlebige Göttervater auch Menschenvater; er ließ Herakles von der göttlichen Milch an Heras Brust trinken. Götterchef hin oder her, Zeus wusste, dass die verständlicherweise eifersüchtige Hera es nicht freiwillig tun würde. So ließ er Herakles heimlich an der Brust der schlafenden Hera trinken. Als Herakles einen besonders starken Zug tat, erwachte Hera und stieß ihn erzürnt zurück. Da ergoss sich ein Strahl der göttlichen Milch über den Himmel und wurde zur Milchstraße (gála, griechisch Milch, daher auch Galaxis).

Einige Stämme in Afrika, auch die Ägypter, sahen in der Milchstraße das Rückgrat der Nacht oder der Göttin der Nacht. Eine schöne und leicht nachvollziehbare Erklärung.

Die Ordnung am nördlichen Nachthimmel

Dieser Titel soll nicht suggerieren, dass es am Südhimmel keine Ordnung gäbe. Dem Himmel wohnt eine Ordnung inne, die wir immer noch nicht in Gänze begreifen und vielleicht auch nicht begreifen werden. Es heißt lediglich, dass sich die Seefahrer und die Wissenschaftler keine allzu großen Gedanken über die Anordnung der Sternbilder machten.

Die antike Welt hingegen, die für die Sternbilder des Nordhimmels verantwortlich zeichnet, machte sich mehr Gedanken und wies vielen Gestalten einen bestimmten Platz am Himmel zu; ihre Anordnung ist daher nicht nur zufällig. Am Winterhimmel gibt es den Jäger Orion (Sternbild), der auf seiner Jagd gleich von mehreren Hunden begleitet wird, die als Sternbilder in seiner Nähe zu finden sind – Großer Hund und Kleiner Hund.

Eine mythologisch komplexere Gruppe von Sternbildern ist gut am Herbsthimmel zu beobachten. Um die Ausgangsfigur Andromeda (Sternbild) sind hier ihre Eltern Cassiopeia (Sternbild) und Kepheus (Sternbild) gruppiert. Ebenso ihr Gemahl Perseus (Sternbild), der Andromeda vor dem Meeresungeheuer Cetus (Sternbild) rettete und dies manchen Sagen nach auf dem fliegenden Pferd Pegasus (Sternbild) reitend respektive fliegend tat.

Kosmische Katastrophen

In dem Sternbild Andromeda ist die Andromedagalaxie zu finden. Galaxie, da nur unsere Milchstraße eine Galaxis genannt wird. Die Andromedagalaxie ist die größere Schwester der Milchstraße, die, einen dunklen Himmel vorausgesetzt, mit dem bloßen Auge erkannt werden kann. Wem dies gelingt, dessen Augen treffen Lichtteilchen, die eine Reise von etwa 2,5 Millionen Jahren hinter sich haben. So weit ist nämlich die Andromedagalaxie von der Milchstraße entfernt.

Die Milchstraße und die Andromedagalaxie bewegen sich aufeinander zu. Sie werden in Zukunft zusammenstoßen und zu einer großen Galaxie verschmelzen. Bis zu dieser Begegnung vergeht noch etwas Zeit. Gut vier Milliarden Jahre müssen wir bis zu dieser kosmischen Begegnung warten. Das Ende dieser beiden Welten bedeutet diese kosmische Karambolage mitnichten. Der Raum zwischen den Sternen ist so immens, dass direkte Sternzusammenstöße unwahrscheinlich sind.

Sternbild Orion

Bald schon könnten wir Zeugen eines anderen spektakulären Ereignisses werden, nämlich des Todes eines Sterns in einer Supernova-Explosion [*]. Es handelt sich um den Stern Beteigeuze. Beteigeuze ist leicht am Winterhimmel zu finden; es ist der rötlich schimmernde linke Schulterstern des Orion (s. Grafik). Er ist ein roter Riesenstern mit 400- bis 600-fachem Sonnendurchmesser. Würde man Beteigeuze an der Stelle der Sonne platzieren, würden alle Planeten bis zum Jupiter hin, also auch die Erde, in ihm verschwinden.

Es steht fest, dass Beteigeuze in einer kosmisch nahen Zukunft als gewaltige Supernova explodieren wird. Diese Explosion könnte auf der Erde die Helligkeit des Halbmonds, eventuell sogar des Vollmonds erreichen.

Womöglich ist Beteigeuze bereits explodiert. Das Licht dieser Explosion erreicht die Erde mit einer Verzögerung von ca. 640 Jahren, da Beteigeuze 640 Lichtjahre von der Erde entfernt ist (nach neuesten Messungen). Sollte er bereits im Mittelalter explodiert sein, könnten wir dies noch zu unseren Lebzeiten sehen.


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