Sind wir allein im Universum? (Teil 1)

Wir leben in einem glücklichen Zeitalter, in dem wir uns Fragen stellen können, die den Generationen vor uns vorenthalten waren, da sie ums Überleben kämpften. Haben sie diesen Kampf bis in ein Alter hinein erfolgreich führen können, in dem sie Eltern werden und einige Jahre ihre Kinder begleiten konnten, war ihre Lebensuhr auch abgelaufen.

Das Wissen der Vorfahren konnte in einem sehr begrenzten Umfang weitergegeben werden und konzentrierte sich auf die Überlebensstrategien. Später traten Menschen auf den Plan, die ebenfalls den Fragen nach dem Überleben nachgingen, dies jedoch berufsmäßig taten: Heiler, Priester, Schamanen, Orakel, Astronomen, Astrologen und ähnliche Berufe wurden geboren.

Die menschliche Neugier, der Tropfen und der Ozean

Sich einer der menschlichsten Eigenschaften hinzugeben, der Neugier, dem Wissen um des Wissens willen, war zunächst ein Privileg weniger Menschen. Erst in der jüngsten Geschichte wird dies nach und nach zu einer Möglichkeit für alle. Das Wissen der Vorfahren wird in einem wesentlich weiteren Umfang weitergegeben und beschränkt sich nicht auf das Überleben.

Faszinierend in diesem Zusammenhang die Überlegung, ab wann Oma und Opa ihren Enkeln Geschichten vom Leben und von ihrem Weltverständnis erzählen können und so die Neugier kultivieren. Denn Großeltern traten erst in der jüngeren Menschheitsgeschichte auf den Plan und ermöglichten so einen kulturellen Entwicklungssprung. Den paläontologischen Untersuchungen zufolge (konkret: Abnutzungsgrad der hinteren Backenzähne) wurde die durchschnittliche Lebenserwartung von 30 Jahren erst vor ca. 30.000 Jahren erreicht. Diese 30.000 Jahre machen gerade 1,2% der Zeit von 2,5 Millionen Jahren aus, seit es die Gattung Homo, also den Menschen, gibt.

In der Gegenwart wird die Befriedigung dieser Neugier durch die Computer enorm beschleunigt. Elektronengehirne wurden sie mal genannt, völlig die Komplexität des menschlichen Gehirns verkennend. Später hießen sie Großrechner, Personal Computer, Laptop, Notebook, Smartphone etc. Und dieser elektronische Zoo wächst und gedeiht prächtig weiter.

Von Newton stammt der Satz: „Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean.“ Das Wissen wächst exponentiell, die Vergleiche des heutigen Wissens mit dem Wissen vor Jahrhunderten und Jahrtausenden hinken; es ist einfach unvergleichlich geworden. Folglich sollte der Tropfen größer und der Ozean kleiner geworden sein. Ist es so?

Der Tropfen ist in den wenigen Jahrhunderten seit Newton enorm gewachsen, es konnten sehr viele Fragen beantwortet werden. Sind somit weniger Fragen offen? Die Antwort lautet: nein.

Viele Fragen haben besonders die Kernphysiker oder die Quantenphysiker beantwortet, als die Forscher des Kleinsten, sowie die Astrophysiker, welche die größten Strukturen im Universum erforschen. Doch viele Antworten werfen neue Fragen auf und als beantwortet geglaubte Fragen werden erneut zu Fragen, da sich beispielsweise herausstellt, dass sie ihre Gültigkeit nur innerhalb eines bestimmten Bezugsrahmens haben. Newton stößt an seine Grenzen, wenn Geschwindigkeiten in nennenswerten Bruchteilen der Lichtgeschwindigkeit im Spiel sind. Hier muss Einstein helfen. Und wie ergeht es Einstein?

Der Newtonsche Ozean droht zu einem Universum zu werden.

Angst vor der Einsamkeit in der Unermesslichkeit?

Das Wissen, also auch das Wissen um das Universum, erfuhr eine dramatische Entwicklung. Bei Ptolemäus befand sich die Erde im Mittelpunkt des Weltalls. Alle Himmelskörper kreisten um die Erde, das Himmelsgewölbe mit den Gestirnen umgab diese Welt. Wir im Zentrum, der Himmel umgibt und beschützt uns. Eine sehr behagliche Vorstellung.

Keppler, Kopernikus und Galileo entthronten die Erde und versetzen die Sonne in das Zentrum. Galileo konnte dabei als erster Mensch den Jupiter durch ein Fernrohr beobachten und so einen weiteren Himmelskörper nachweisen, um den kleinere Himmelkörper kreisen. Die Erde wurde im Weltall immer kleiner, gewöhnlicher, unbedeutender.

Im vergangenen Jahrhundert wurde die Andromedagalaxie als eine weitere Welteninsel außerhalb unserer Milchstraße erkannt. Der Entthronung der Erde folgte die Entthronung der Sonne, später sogar unserer Milchstraße. Mit diesem Prozess wuchs der Radius des beobachteten Weltalls. Die Zahl der Sterne in den Galaxien ging in Milliarden. Die Zahl der Galaxien ging in Milliarden. Die Galaxien wurden zu Mitgliedern von Galaxienhaufen. Die Galaxienhaufen ballten sich zu Superhaufen zusammen, und die Superhaufen zu noch größeren wabenartigen Strukturen mit enormen Leerräumen dazwischen.

Die schützende Himmelssphäre offenbarte sich als eine unbegreiflich große und sehr dynamische Struktur mit Energien, neben denen unsere gewaltige Sonne wie ein kleines Glühwürmchen leuchtet.

Wissenschaft, Beschränkung und Spiritualität

Verständlich und natürlich, dass diese unermesslichen Größen, die unbegreiflichen Zeiträume und die unvorstellbaren Energien ängstlich machen. Ängstlich und sehr einsam. Unvorstellbar einsam in dem grenzenlos gewordenen Weltall.

Verständlich und natürlich vor diesem Hintergrund, dass immer dringlicher danach gefragt wird, ob es noch andere Wesen im Weltall gibt. Oder sind wir Menschen eine einmalige Erscheinung im Weltall? Ein einmaliges Wunder?

Unsere Vorfahren hatten ihre Mythen, mit denen sie die Welt erklärten und einen Sinn oder eine gewisse Ordnung in sie hineinbrachten. Dafür sorgten ihre vielen Götter, auch wenn sie nicht immer wohlgesonnen waren und Chaos bringen konnten.

Was haben wir? Die Angst haben wir weiterhin, auch wenn sie nicht mehr von den Göttern stammen muss. Wir haben die Wissenschaft und den Glauben. Einige Menschen nur die Wissenschaft. Einige nur den Glauben. Und einige wiederum die Wissenschaft und den Glauben. Sowohl mit der Wissenschaft als auch mit dem Glauben werden wir konfrontiert, wenn wir uns der Frage danach zuwenden, ob es noch andere Wesen im Universum gibt.

Die nur das Messbare anerkennende Wissenschaft beschränkt sich selbst und baut sich eine unnatürliche Welt auf, deren Grenzen durch die Messbarkeit gezogen werden. Diese Grenzen lassen sich aber nicht überall ziehen. Sie stehen in einem Widerspruch zu der menschlichen Natur und zu der menschlichen Seele. Sie ersetzen den alten Zwang zum Glauben an den einen einzigen wahren Gott durch einen anderen Zwang zu Beschränkung des Geistes und der Seele. Auf eine gewisse Art ist eine solche beschränkende Wissenschaft unmenschlich.

Die Berücksichtigung der Spiritualität wird bei vielen neuen Fragen des Menschen unausweichlich. Es muss aber eine Spiritualität sein, die das Messbare ebenso anerkennt, wie das Nichtmessbare und den Glauben. Die sich keine Grenzen auferlegt, sondern den Menschen Mensch sein lässt und ihm jede Frage erlaubt.

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