Weibliche Partner, das kollektive Gedächtnis und die Bibel

Geschlechter der Partner (Seelenpartner), Teil 1

Manche Seelenpartner-Kenner scheinen in Männern nur den bösen Part der Seelenpartnerschaft zu sehen, der das Leid in die Beziehungen bringt. Diese Sichtweise ließe sich mit Neurosen erklären, die ihren Grund in den Lebenserfahrungen haben. Aber nicht nur.

Die Meinung, Männer würden Leid bringen, wird nach einem kleinen Ausflug in die Geschichte nachvollziehbar.

Ein kleiner Ausflug in die Geschichte des Menschen und der Frau(!)

Ja, richtig gelesen. So sieht das zumindest eine unserer Wurzeln; sie stellt dem Menschen die Frau gegenüber. Und noch in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden in einem europäischen Ländchen alle Menschen und Frauen zur Wahl aufgerufen. Eva sei Dank, sie hatte den Mut zu einer Korrektur.

Nach der Fertigstellung dieses Textes werde ich wieder eine Kirche aufsuchen. Die Beschäftigung mit einigen männlichen Heiligen und Kirchenvätern (notabene: Wie viele Kirchenmütter gibt es?) rücken diese unrühmliche patriarchalische Geschichte zu stark ins Bewusstsein. Die Ruhe einer Kirche außerhalb der Messen sorgt bei mir für einen Ausgleich und die Versöhnung damit. Kirchen, besonders die älteren, sind ein Ort der Ruhe, der Besinnung, der Einkehr [1]. Sie machen die Stimme der eigenen Seele wahrnehmbarer.

Minderwertigkeit, Bevormundung, Unterdrückung, Ignoranz

Erschreckend kurz ist es her, da hatten Frauen kaum Rechte – es ist die Zeit der gegenwärtigen Generationen. Wählen dürfen Frauen in Deutschland seit 1919, noch in den 50er Jahren durften Ehefrauen kein Bankkonto führen, ihr Geld gehörte dem Gatten, der das Arbeitsverhältnis seiner Gattin kündigen konnte. Das sind nur einige unglaublich klingende Beispiele.

Die Wurzeln dessen sind alt, sie liegen in Griechenland. Sogar Geister wie Plato und Aristoteles sahen in Frauen von Natur aus zur Leitung weniger geeignete Wesen, die ihre Tugenden im Hauswesen entfalten durften und dem Mann zu gehorchen hatten. Aus diesen Wurzeln machte die römische Kirche eine Unterdrückungsideologie, die erst in der Gegenwart ernsthaft hinterfragt wird. Bitte aber zwischen einem Glauben oder der Spiritualität und der Institution unterscheiden.

Zu sagen, Frauen machten in den vergangenen zwei Jahrtausenden der patriarchalischen Dominanz schlechte Erfahrungen, verharmlost diesen Teil der Geschichte. Frauen waren minderwertige Wesen, die aus einem schlechten Samen hervorgingen, die zu schweigen hatten. Sie durften ihr Haupt nur vor ihrem Mann entblößen, vor Gott durften sie es nicht – das Verschleierungsgebot ist auch in Europa bekannt. Frauen waren minderwertige Wesen, sie wurden bevormundet, unterdrückt, ignoriert, dem Manne untertan gemacht. Und offenbarten sie ihre Klugheit, war das oft genug lebensgefährlich.

Diese Zeit prägte. Sie prägte sich in dem Gedächtnis einer Seele, wenn sie auf viele weibliche Inkarnationen zurückblickt, sie prägte sich in dem kollektiven Gedächtnis ein. Sie prägte das Leben – der Frauen und der Männer.

Die Bibel von Anfang an

Das in Europa vorherrschende Glaubenssystem pervertierte die göttliche Liebe und missbrauchte sie für die Erhaltung ihrer Macht. 1. Mose 2,18: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.« In einer wörtlicheren Übersetzung ist von einer Hilfe als sein (also des Menschen) Gegenüber die Rede.

Das männliche Wesen wird als Mensch bezeichnet, sein Gegenüber, also die Frau, als seine Hilfe oder Gehilfin. Es sind schlechte Wurzeln für das Zusammenleben von Frau und Mann. Da kann, nein, da muss man / frau darüber glücklich sein, dass sich eine Schlange erbarmt und den beiden Unwissenden die Chance zum Verständnis von Gut und Böse schenkt.
Doch nur Eva war mutig und neugierig genug, um das Wagnis der Erkenntnis einzugehen. Adam zog den Schlaf vor, womit er seine Hände in Unschuld waschen und Eva die Schuld geben konnte. Die Kirchenväter und Bibelschreiber oder Übersetzer wussten, was sie bezweckten.

Die Bibel bis zum Ende hin

Es traf mich in meinen jungen Jahren schwer, als ich über eine Aussage in der Offenbarung des Johannes, der Apokalypse, im Neuen Testament stolperte. Paulus und seine Schüler, ich drücke es wohlwollend aus, hatten ein seltsames Bild von Frauen. Damit konnte ich leben, es gelang mir, Paulus in dieser Hinsicht nicht ernst zu nehmen.

Aber Johannes! In seiner Offenbarung kurz nach der Stelle mit der ominösen Zahl 666 (Offb 13,18) findet sich eine weitere Zahl: hundertvierundvierzigtausend. Johannes hört Stimmen vom Himmel, die ein Lied singen. »Und niemand konnte das Lied lernen außer den hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde.«

Erschreckend. Erschreckend ist nicht so die kleine Anzahl der Auserwählten; erschreckend ist das Kriterium, welches der Auswahl der »erkauften von der Erde«, also der Erretteten, zugrunde liegt, die mitsingen können: »Diese sind‘s, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich …«.

Folgerichtig ist allen Müttern und Vätern der Zutritt ins Himmelreich verwehrt. Kinder kommen ins Himmelreich, nicht aber ihre Eltern. Und dies gehört immer noch zu den heiligen Schriften.

Gott will es. Ernsthaft?

Nein, das wollte Gott nicht. Es waren Menschen, die das »Gott will es« zu Zeiten der  Kreuzzüge missbrauchten und die Unterdrückung der Frau mit ihrem Gott etablierten. Was Gott will und was wir ihm aus ideologischen oder neurotischen Beweggründen anzudichten versuchen, beschäftigt mich, wenn ich Adam, Eva und die Schlange [2] betrachte: Wollte es Gott doch, dass wir von dem Baum der Erkenntnis essen?

Er scheint das provoziert zu haben, ist doch in der Bibel zu lesen (1. Mose 2,9): »Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.«

Warum machte er sie »verlockend«, warum setze er Verbotenes mitten in den Garten hinein? Weil es ein Gott der Liebe und kein Sadist ist: Wir sollten es tun. Und wir taten es. Doch Eva machte den Anfang, nicht Adam, der schlief lieber oder gab es nur vor zu schlafen, damit er seine Hände in Unschuld waschen kann.

Es ist an der Zeit, dass die patriarchalische Dominanz ihr Ende findet.


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